Der nutzlose Hiorne Tower

Veröffentlicht am 25. Juli 2024 um 01:42

Bislang hatten wir mit unseren Stellplätzen Glück gehabt. So langsam ging es los, dass man immer seltener einen geeigneten Platz zum Freistehen fand. Die meisten Plätze in Park4Night lagen hier in Südengland in Haltebuchten direkt an der Straße. Des Weiteren ging uns auch langsam das Wasser aus und wir fanden einfach keine Möglichkeit dieses aufzufüllen. Die Vielzahl an Quellen, die wir in Spanien und Portugal vorgefunden hatten, gab es hier nicht. Deshalb besuchten wir bei Angmering unseren ersten Campingplatz in England. Stolze 33 € bezahlten wir hier umgerechnet für eine Nacht, denn sogar für Benji mussten wir 2,40 € extra abdrücken. Dafür hatten wir einen tollen großflächigen Rasenplatz zur Verfügung und einen Zugang zu einem Feld direkt daneben, auf dem wir jederzeit Gassi gehen konnten. Das einzige Manko war, dass Benji von unserem Bulli aus, in der Ecke des Platzes, dauernd Hasen vor den Hecken herumspringen sah. Das triggerte ihn natürlich und er bellte häufig, da er die Hasen gerne jagen wollte und es durch die Leine, die wir dran lassen mussten, nicht konnte.

Bei der Gassirunde auf dem Feld durfte er dann springen und schaffte es dabei vermutlich sich an Brennnesseln zu verbrennen, denn danach scheuerte er die ganze Zeit seinen Kopf auf dem Rasen entlang und fuhr sich ständig mit der Pfote über die Ohren. Das Verhalten dauerte eine Weile an und hörte erst auf, als wir ihm zur Ablenkung einen Kauknochen gaben. Erleichtert konnten wir aufatmen und den Gedanken zum Arzt zu fahren wieder verwerfen. 

Nach einer heißen Dusche, einem tollen lauen Abend, an dem wir draußen sitzen konnten und einer ruhigen Nacht, füllten wir am nächsten Morgen noch unsere Wasserkanister auf und checkten aus. Dabei kam Christoph mit dem Rezeptionisten ins Gespräch, der ihm auf Nachfrage hin einen mobilen Automechaniker empfiehl. Da wir wieder Probleme mit einem klackernden Geräusch und schon wieder eine der Antriebswellen im Verdacht hatten, wollten wir das zeitnah anschauen lassen. Der Rezeptionist rief seinen Bekannten an, der direkt zusagte am Spätnachmittag vorbeizukommen. Wir durften freundlicherweise unseren Hänger auf dem Campingplatz stehen und die Untersuchung des Bullis ebenfalls dort durchführen lassen.

Die Zeit bis dahin überbrückten wir mit einem Besuch im Nachbarort Arundel. Dort machten wir einen tollen Spaziergang an einem Fluss entlang, an einem tollen See vorbei, um einen freistehenden Burgturm, namens Hiorne Tower, herum und durch den hübschen kleinen Ort. Am Ende passierten wir noch das Arundel Castle, das imposant mitten im Ort stand. Auf dem Weg trafen wir einen Schotten, der uns freundlicherweise den Weg zu erklären versuchte, obwohl wir gar nicht danach gefragt hatten. Eigentlich wollten wir bei einem sehr zugewucherten Weg nur wissen, ob dieser bald besser werden würde, da der Mann aus dieser Richtung gekommen war. Dennoch wussten wir seine Freundlichkeit sehr zu schätzen. Bis auf einen Schwan, den wir am Fluss trafen und der fast auf Benji losgegangen wäre, wenn wir ihn nicht weggezogen hätten, gab es keine erwähnenswerten Zwischenfälle.

Am meisten beeindruckte uns tatsächlich der Hiorne Tower, der inmitten einer grünen weiten Wiese, vor dem blauen wolkenfreien Himmel, ein tolles Motiv darstellte. Dieser wurde im späten 18. Jahrhundert als Bewerbungsprojekt von Francis Hiorne für den Duke of Norfolk gebaut, der einen Bauherrn für den Wiederaufbau seines Schlosses suchte. Das Projekt bekam Francis leider nicht und starb sogar zwei Jahre später. Ansehen bekam der Turm erst, als er in den 80zigern ein Drehort einer Doctor Who Episode wurde. Das Arundel Castle war in dieser Episode übrigens ebenfalls Drehort. Zurück zu unserem hübschen Turm, der nicht mal auf Google Maps eingezeichnet und auch nicht auf Wikipedia erwähnt worden war. Lediglich eine Internetseite berichtete über ihn und erwähnte auch, dass der Turm fast nicht genutzt wurde und meist nur nutzlos herumstand.
Die Wanderung zu diesem vergessenen Ort können wir wärmstens empfehlen und verlinken diese deshalb für euch hier  --> Link.

Der Mechaniker kam erst gegen 19 Uhr am Campingplatz an. Wir hatten uns inzwischen wieder zu unserem Hänger neben die Rezeption gestellt und noch etwas gekocht und gegessen. Eine weitere Nacht bezahlten mussten wir bislang noch nicht. Das war auch gut so, denn das hatten wir auch nicht vorgehabt, bei dem Preis. Die mobile Werkstatt war ein Kastenwagen, der alles für eine schnelle Reparatur mitführte. Ein junges Pärchen und eine spanische Podengo Hundedame, stiegen aus. Während der Mechaniker sich den Bulli besah und eine Probefahrt mit Christoph machte, nährten sich die beiden Hunde an. Tatsächlich verstanden die beiden sich blendend. Sie fingen total wild an miteinander zu spielen und wir mussten sie zeitweise etwas bremsen. So hatte Benji mit noch keinem anderen Hund gespielt. Scheinbar sprachen die zwei dieselbe Sprache, vermutlich da sie rassenverwandt, sowie beide "Rescue Hunde" aus schwierigen bzw. unbekannten Verhältnissen waren. Als das Mädchen dann wieder ins Auto sitzen musste, gab es ein wahres Fiepkonzert von beiden Seiten. Das Fazit der Untersuchung fiel leider nicht gut aus - der Mechaniker konnte nichts finden. Das Geräusch war nicht mehr aufgetaucht - das nennt man wohl Vorführeffekt. Er könne die Antriebswelle gerne am nächsten Tag tauschen, aber ohne Garantie, dass sie es tatsächlich ist. Also entschieden wir uns erstmal dafür damit noch etwas zu warten. Dafür entdeckte er, dass am Auspuff ein paar Schrauben locker waren, was ebenfalls zu zeitweisem Geklapper im Stand geführt hatte. Wenigstens das Problem hatten wir nun gelöst. Netterweise mussten wir für diesen Einsatz nicht mal etwas bezahlen. 

Die Nacht verbrachten wir in Arundel, in der Straße, in der wir am Tag geparkt hatten. Uns waren dort einige Camper aufgefallen und wir hatten direkt in Park4Night geschaut und tatsächlich einen ruhigen, kostenfreien Stellplatz für die Nacht darin gefunden. Es war nicht mehr viel los dort und wir hatten freie Platzwahl. So stellten wir uns so, dass wir sogar einen Blick auf das Schloss hatten. Mystische Nebel zogen am Abend über die Landschaft am Bulli vorbei. Es erinnerte uns etwas an die Szenerie von "Die Nebel von Avalon".

Am nächsten Morgen wurden wir von etlichen Spaziergängern und Hundeführern begrüßt. Benji saß eine Weile vorm Bulli im Gras und wachte und war der Hingucker Nummer eins. Es hagelte wieder viel Lob für ihn. Bei einer älteren Dame waren wir nicht sicher, ob sie den Kleinen gleich kidnappen würde, so begeistert war sie. Es war wieder ein heißer und sonniger Tag und deshalb fuhren wir nach dem Frühstück einen Waldparkplatz nähe Westminster an. Der Plan war am Abend den Ort zu besuchen.
Beim Waldspaziergang konnten wir uns endlich etwas abkühlen. Benji gefiel der Wald scheinbar auch sehr gut, denn kaum ließen wir ihn freispringen jagte er schon mit Begeisterung ein Eichhörnchen. Natürlich war dieses schneller als er und flugs im Baum verschwunden. Kurz darauf flitzte er uns davon. Leider kam er auch nicht wieder, als wir ihn riefen. Weitergehen half ebenfalls nicht. Wir hatten ihn verloren. Irgendwann gaben wir die Suche auf und gingen erstmal zurück zum Bulli. Bislang war er immer wieder aufgetaucht. Kurz bevor wir den Parkplatz erreichten, kam der Kleine hinter uns angeschossen. Total außer Atem legte er sich uns zu Füßen und schien dringend etwas Trinken zu wollen. Er trank einen halben Liter Wasser und blieb weiterhin erschöpft liegen. Als Marilyn schon Nachschub holen wollte, stand er auf und ging mit Christoph zum Bulli zurück. Dort legte er sich platt in den Schatten. Es dauerte lange, bis seine Atmung sich wieder beruhigte. Wir vermuteten, dass der Kleine uns verloren und nicht mehr gefunden hatte und deswegen wie verrückt durch den Wald gerannt war. Anders konnten wir uns nicht erklären, dass er so kaputt war. Länger als 30 Minuten war er schließlich auch nicht weg gewesen. Leider häufte sich das Weglaufen gerade ziemlich. Am Anfang hatte Benji das nicht in diesem Ausmaß gemacht. Beunruhigt ließen wir Westminster erstmal sausen und kamen alle zusammen im Bulli zur Ruhe. Am Abend sahen wir sogar noch ein Reh, dass in sichtbarer Entfernung zum Bulli im Wald stand. Kaum bemerkte es uns, war es schon wieder weg.

Nachts wurden wir als wir nochmal in den Hänger mussten, durch Hundegebell im Wald geweckt. Das Gebell schien von zwei Hunden zu kommen und klang total gleichmäßig und zum Teil etwas blechern, als wenn es nicht echt wäre. Etwas unheimlich wurde uns dabei schon zumute und auch Benji, der kurz mit raus ging, schien so verunsichert zu sein, dass er sogar bei uns in der Nähe blieb und auch direkt wieder mit uns in den Bulli zurück ging. Das Bellen kam nicht näher und verstummte nach einiger Zeit auch wieder. Erklären konnten wir es uns nicht, da wir an der Stelle im Wald, an der wir es vermuteten, kein Haus oder Zwinger gesehen hatten. 

Am nächsten Morgen entdeckten wir beim Gassigehen, dass Benji sich mit Windhunden ebenfalls sehr gut verstehen zu schien. Die Rassen Podengo und Windhund sind auch artverwandt und ähneln sich in einigen Dingen. Es war wieder sehr heiß und beim Weiterfahren waren wir sehr froh, dass wir die Kühlmatte für Benji gekauft hatten.


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