Mitten im Wald des Schiefergebirges rund um Lousa, erwachten wir am 16. April und nahmen unser Frühstück draußen auf den Picknicktischen und Bänken ein. Es versprach ein schöner Tag zu werden und wir wollten mountainbiken. Da wir unsicher waren wie die Trails hier aussahen und wie die Einstiege zu erreichen waren, packten wir erstmal die Mopeds aus. Noch während wir das taten kam das Bikeshuttle, das wir am Vortag hochfahren gesehen hatten und sammelte vier Biker ein, die einen Trail von ganz oben herunterkamen und bei uns auf dem Hexenplatz landeten. Wir hatten immer noch nicht herausgefunden wie man das Shuttle buchte und es war so schnell wieder weg, dass wir nicht mal fragen konnten. Vielleicht würden wir es aber auch gar nicht brauchen. Zunächst führte die Strecke nach oben über eine normale Straße, kurz darauf ging es für uns offroad auf Kies und Steinen weiter.
Wir fanden alle Traileinstiege die wir suchten - einen in der Mitte und einen ganz oben auf dem Berg. Die kurvige Strecke nach oben hatte mit den Mopeds richtig Spaß gemacht und so hatten wir auch noch etwas von unserer kurzen Erkundungstour. Da wir dringend noch einkaufen mussten, beschlossen wir die Trails erst am Folgetag anzugehen, um mehr Zeit dazu zu haben. Mit den Mopeds sausten wir flugs den Berg herunter zum Supermarkt. Im Topcase konnte man mehr transportieren als gedacht. Ein VW Bus gesellte sich nachts dann noch zu uns.
Am nächsten Morgen legten wir früher los. Leider war Christoph etwas angeschlagen und hatte sich vermutlich beim Surfen einen Schnupfen eingefangen. Wir beschlossen deshalb nur einmal ganz hoch und die Trails nur bis zum Hexenplatz, auf dem wir mit dem Bulli standen, runter zu fahren. Über den relativ soliden, nicht zu steilen Anstieg, fuhren wir in rund einer Stunde bis ganz nach oben. Nach Anziehen unserer Schutzkleidung ging es über einen erdigen, wurzeligen Trail los. Im zweiten Part kamen mehr Steine dazu und es wurde steiler. Wir hatten uns den in Trailforks als "leicht" deklarierten Trail für den Einstieg anders vorgestellt. Der letzte Part sollte eigentlich flowig mit vielen Anlegern sein, war er aber nicht. Viele Steine auf den Wegen verhinderten das und führten zu einer sehr holprigen Abfahrt. Unten angekommen merkten wir, dass alle Biker die wir vom Bulli aus runter fahren gesehen hatten, vom Trail links daneben gekommen waren. Vermutlich hatten wir einfach die falschen Trails ausgewählt. Zugunsten der Gesundheit ließen wir es für heute erstmal bleiben. In dieser Nacht standen wir alleine im Wald.
Gegen Mitternacht, als wir nochmal austreten wollten, hörten wir es plötzlich rascheln. Mit einer starken Taschenlampe leuchteten wir die Umgebung ab. Sehen konnten wir nichts, dennoch raschelte es weiter und man hörte stapfende Schritte in einer Ecke des Waldes. Mit Pfefferspray bewaffnet gaben wir uns Geleitschutz, bis wir unser Geschäft verrichtet hatten und huschten dann schnell wieder in den Bus.
Am nächsten Morgen begutachteten wir die Stelle, an der wir das Geräusch vermutet hatten. Die Spuren ließen auf ein Wildschwein schließen, dass ca. 30 Meter entfernt im Laub gescharrt hatte. Etwas ähnliches hatten wir uns in der Nacht auch schon gedacht. Gut, dass die Tiere zu scheu sind um grundlos näher zu kommen.
Leider hatte sich der Schnupfen bei Christoph weiter verschlechtert, deshalb beschlossen wir das Radfahren heute sein zu lassen. Stattdessen wollten wir eine kleine Wanderung zu den umliegenden Schieferdörfern machen. Die Komoot Tour lotste uns zunächst über wilde Wege bergab, unterhalb der Hauptstraße entlang. Wir mussten kleine Bachläufe überqueren und über Unkraut steigen. Häufig wurde dieser Weg sicher nicht benutzt. Leider hatte Marilyn ihre Wandersandalen angezogen, in der Erwartung "normale" Wanderwege zu gehen. Das erwies sich jetzt als Fehler. Dafür sahen wir ein Reh, dass uns lange nicht bemerkte und langsam durch das Unterholz schritt. Die Freude darüber hielt nicht lange an, denn plötzlich verschwand unser Wanderweg - er war mal wieder zugewachsen. Dank moderner Technik fanden wir mittels Himmelsrichtung den richtigen Pfad durch das Unterholz, auch wenn das GPS Signal dabei wild hin und her hüpfte. Noch etwas zweifelnd ob wir wirklich richtig waren, kraxelten wir die letzten Felsen entlang weiter den Berg hinauf, bis wir an einem Aussichtspunkt standen. Ein aufgestelltes Schild mit einer Angabe der größten Berge und der Himmelsrichtung in der diese liegen, verriet uns dies. Erleichterung - wir waren richtig. Der Weg war nun auch wieder erkennbar, dennoch schwer zu laufen, da er an dieser Stelle aus einer unbeständigen Oberfläche bestand. Wir trafen kurz vor dem ersten Schieferdorf Casal Novo den ersten Menschen auf dieser Wanderung - einen älteren Mann mit einem langen weißen Bart, der offensichtlich hier lebte. Der Weg endete im Garten des ersten Schieferhauses - so zumindest unsere Interpretation. Wer diese Komootwanderung angelegt hatte, war definitiv sehr kreativ gewesen. Das kleine Dorf bestand aus wenigen Häusern, die alle komplett aus Schiefersteinen gebaut waren (wie viele es genau waren wissen wir nicht, aber es waren definitiv nicht mehr als 15 Häuser). Gepflasterte enge Gassen und einige kleine Treppen führten hindurch. Wir begegneten nur zwei Handwerkern, die gerade an der Mauer einer Grundstücksgrenze arbeiteten. Ansonsten war alles still. Autos konnten aufgrund der engen Straßen nicht direkt durch das Dorf fahren, was in den Schieferdörfern scheinbar überall so war, wie wir später herausfanden. Insgesamt gibt es 27 solcher Schieferdörfchen in dem Schiefergebirge.
Weiter führte uns der Wanderweg, der inzwischen ein offizieller ausgeschilderter Wanderweg war, über gerodete Waldstraßen Richtung dem beliebtesten und touristischsten Schieferdorf Talasnal. Es waren noch Baggerspuren auf dem Weg zu erkennen und die staubigen Wege machten die Füße in den Sandalen total schmutzig. Es tat richtig weh, auf die vielen komplett abgeholzten Stellen im Wald zu schauen, die wir nun sahen. Talasnal konnten wir bereits vom gerodeten Waldstück gegenüber auf der Anhöhe sehen. Der Ort wirkte schon größer als Casal Novo. Nach einer Brücke, die über einen Bach führte, kam noch ein kleiner Aufstieg durch den noch intakten Wald. Kurz bevor wir das Dorf erreichten spazierte keine 10 m weit weg, auf einem Weg unter, uns eine ganze Wildschweinfamilie vorbei. So schnell wie wir sie gesehen hatten, waren sie auch schon wieder weg. Dann erreichten wir Talasnal. Auch hier führten enge, gepflasterte Straßen durch den Ort. Der Unterschied war, dass wir ein paar wenige Kaffees, Restaurants, Ferienwohnungen und sogar andere Touristen sahen. Bei einem Häuschen stand die Türe offen. Eine Putzfrau reinigte das modern eingerichtete Feriendomizil, das nicht so recht zur äußeren Erscheinung des Hauses passen wollte. Bei einem sich in Renovierung befindlichen Hauses konnte man sehen, dass sich unter der Fassade aus Schiefersteinen, normale Grundmauern aus roten modernen Ziegelsteinen befanden. Vermutlich waren die neueren Häuschen alle so gebaut worden. Auf einmal hörten wir angenehme Musik. Wir folgten dieser und standen kurz darauf direkt vor der kleinen Gaststätte namens Taberna e Restaurante do Talasnal, in dem die Musik gespielt wurde. Die große Terrasse die dazu gehörte, lud zum Einkehren ein. Genau das taten wir dann auch. Bei hausgemachter Limonade und einem Espresso konnten wir uns von der doch sehr interessanten bisherigen Wanderung etwas erholen. Beim Bezahlen an der Theke drinnen kamen wir noch mit dem Chef der Gaststätte ins Gespräch. Er war in unserem Alter und gab uns direkt zwei Tipps für Besuche in der Umgebung - das Lousa Castle (Schloss), sowie eine Schlucht in der Nähe, bei der man im Fluss, der durch diese hindurchfließt, baden kann. Wir kauften für unterwegs noch ein Törtchen und er schenkte uns am Ende sogar noch ein weiteres davon. Die Törtchen waren ähnlich den Pasteis de Nata, die wir zuletzt in Lissabon gegessen hatten, nur anders gefüllt (einmal mit einem Cremelikör und einmal mit einer süßen Kastanienfüllung). Zudem erhielten wir zwei Automagnete mit Werbung für die Taberna darauf. Wir versprachen fleißig Werbung zu machen und verlinken deshalb sehr gerne das tolle Kaffee / Restaurant, in dem es sogar Gästezimmer gibt, hier für euch --> Link.
Kurz bevor wir gehen wollten, war draußen wilder Aufruhr. Tatsächlich rannten drei kleine Wildschweine wild auf der Terrasse zwischen den Tischen und anderen Gästen herum. Der Chef stand gerade draußen und wir wiesen ihn darauf hin. Er lachte und erklärte uns, dass dies normal sei. Sie fütterten die Tiere schon seit acht Monaten, als diese noch Babys waren und sie kämen deshalb täglich her. Wenn man sie nicht versuchte zu streicheln, seien sie auch harmlos. So nah waren wir Wildschweinen in freier Wildbahn noch nie gewesen und konnten deshalb tolle Fotos von dem Spektakel schießen.
Auf dem weiteren Weg aus dem Ort heraus, passierten wir eine der zwei Zufahrtsstraßen, die als einzige ins Dorf führten. Über einen steilen Berg gelangten wir ins dritte und letzte Schieferdorf auf unserer Wanderung - Chiquero. Dieses Dorf ähnelte wieder dem ersten Casal Novo. Auch hier gab es wenige Häuser und kaum Leben. Wir trafen lediglich eine ältere Frau, die auf Krücken gestützt aus ihrem Haus humpelte, direkt nachdem wir daran vorbei gegangen waren. Sie sprach kurz mit ihrer Katze und ging dann zu den Bienen, die an einem kleinen Dorfplatz vor einem Brunnen in Bienenkästen wohnten. Dann wedelte sie mit einem Netz durch die Luft, als wolle sie die Bienen einfangen. Uns schaute sie nur sonderbar an und schien etwas eingeschüchtert zu sein.
Direkt nach dem Ort gelangten wir zu einem tollen Aussichtspunkt über Lousa, an dem auch ein großer Schriftzug dazu stand. Lousa ist übrigens einer von sieben Gemeinden von der Stadt Coimbra. Auch hier war ein kleiner Grillplatz mit Tischen und Bänken, sowie Toiletten zu finden. Weiter kamen wir an einem Arbeiter vorbei, der gerade gefällte Baumstämme mit einem kleinen Kran aufeinanderschichtete. Als Christoph ein Foto von den vielen gefällten Bäumen aufnahm, rief er uns unfreundlich etwas zu. Es schien so, als wolle er das nicht. Schnell schauten wir, dass wir weiter kamen. Unser Weg führte uns zuletzt mitten in den Mountainbiketrail, den wir am Vortag gefahren waren. Über diesen gelangten wir schließlich nach 5,5 Stunden wandern zurück zum Bulli. Trotz sehr spannenden Wegführungen war es eine tolle Tour, mit vielen Tierbegegnungen. Wir verlinken euch diese gerne hier als Empfehlung --> Link.
Am Tag drauf waren wir dann beide leicht erkältet - jetzt hatte es auch Marilyn noch erwischt. Dennoch wollten wir noch einmal die anderen Mountainbiketrails, die spaßiger sein sollten, fahren. Kurz bevor wir gerichtet waren, kamen zwei Portugiesen auf ihren Bikes zur Quelle bei uns am Hexenplatz. Sie füllten ihre Trinkflaschen und kamen mit uns auf Englisch ins Gespräch. Dabei gaben sie uns Tipps welche Trails man hier am besten fahren sollte. Dann radelten sie wieder den Berg nach oben - übrigens schon das zweite Mal. Die erste Abfahrt hatten sie schon hinter sich. Als wir schließlich nach 1:10 Std. oben ankamen (wir haben etwas langsamer gemacht wegen unserer Angeschlagenheit), kamen sie gerade kurz nach uns an. Inzwischen ihre dritte Auffahrt. Sie waren trotz Biobikes deutlich schneller wie wir gewesen. Wir bekamen noch eine Empfehlung für Figuera da Foz - ein Ort direkt am Meer westlich von Lousa. Dort sollte es tolle MTB Trails mit Blick auf das Meer geben. Das notierten wir uns direkt. Die anderen empfohlenen Trails nach unten testeten wir gleich nachdem sie weitergefahren waren aus und mussten zustimmen - viel spaßiger und weniger steil als die Trails von der Abfahrt vor zwei Tagen. Und trotzdem blieben sie anspruchsvoll. Lediglich im letzten Part waren wir leider in einen falschen Trail geraten und hatten sehr technisch anspruchsvolle Stellen mit drinnen, die wir zum Teil doch schieben mussten. Ziemlich geschlaucht beendeten wir unsere MTB Session. Wir sollten uns jetzt wirklich schonen, denn wer wollte schon krank sein im Urlaub?
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