Endlich wieder mobil brachen wir erstmal zu einer Versorgungsfahrt nach Donostia San Sebastian auf. Da wir nun wieder selbst kochen konnten, mussten frische Lebensmittel her. Leider war es ziemlich heiß heute (33 Grad in der Sonne, 23 Grad auf dem Thermometer) und wir mussten kreativ werden, um Benji dabei nicht im heißen Auto lassen zu müssen. Zwar hatten wir den Lüfter auf höchster Stufe eingeschaltet, doch der Bulli kühlte nur langsam herunter. Zudem wir auf dem Supermarkt Parkplatz auch nur in der Sonne parken konnten. So ging einer von uns Gassi, vorrangig im Schatten und der andere einkaufen. Während der Fahrt, war der Fahrtwind zwar angenehm, aber der Kleine schien immer noch etwas zu schwitzen. Eine Kühlmatte für Benji musste her - so der Plan.
Inzwischen mussten wir uns mit dem Weiterkommen beeilen, denn den Eurotunnel nach England, hatten wir schon seit ein paar Wochen für den 20. Juni gebucht. Demnach hatten wir jetzt noch sieben ganze Tage Zeit, um nach Calais zu kommen. Eigentlich wollten wir jeden Tag gemütlich ein bis zwei Stunden Autofahren und noch ein paar schöne Flecken in der Normandie und der Bretagne mitnehmen. Das würde jetzt sportlich werden, vor Allem da wir mit Benji nicht länger als zwei bis drei Stunden am Tag Auto fahren wollten. Unser Zwangsurlaub hatte uns leider wertvolle Zeit gekostet. Da es heute schon spät war, beschlossen wir noch ein letztes Mal in Spanien zu übernachten, bevor wir die französische Grenze passierten. Auf einem Berg neben Donostia San Sebastian fanden wir einen ruhigen Park4Night Stellplatz. Über einige Serpentinen ging es den Berg nach oben. Die schmale Straße, die von der Hauptstraße abzweigte, checkten wir dieses Mal akribisch mit Google Street View, um keinen Fehler mehr zu machen. Das war auch gut so, denn so wussten wir welchen Weg wir nehmen mussten, um relativ entspannt nach oben zu kommen. Es hätte noch einen anderen Weg gegeben, den Google Maps normalerweise vorgeschlagen hätte, da er kürzer war. Dort wären wir allerdings über eine sehr steile und enge Straße geführt worden - keine gute Idee.
Der große Schotterplatz war fast leer und so stellten wir uns auf die Wiese in einer Ecke, direkt daneben. Hier konnten wir sogar blickgeschützt durch unseren Hänger draußen sitzen. Wir grillten uns ein Rinderfiletsteak und aßen Nudelsalat à la Miri (klasse Rezept mit Nudeln, getrockneten Tomaten, Mozzarella, Pinienkernen, Rucola, Basilikumpesto, Honig, Balsamico, Öl - danke Miri für die Inspiration ;-)) dazu. Benji lag währenddessen im Gras und kaute zufrieden auf seinem Kauknochen herum. Nach dem Essen erkundeten wir noch kurz die Umgebung. Ein Weg führte vom Parkplatz zu einem Hostel, sowie zu einem riesigen Grillplatz dahinter. Die sicherlich tolle Aussicht auf den Ort uns leider von zugewachsenen Sträuchern verwehrt. Es dämmerte auch schon stark und wir drehten wieder um. Benji durfte frei springen, da auf dem Parkplatz inzwischen keiner mehr war.
Am nächsten Morgen entdeckten wir beim Gassi gehen noch den restlichen Weg hinter dem Grillplatz. Tatsächlich führte dieser zu einem ehemaligen Fort. Man konnte auf den Mauerresten der alten Befestigungsanlage umhergehen und einige bunte Blumen bewundern, die dort wild wuchsen. Der Weg ging noch ein kurzes Stück im Wald weiter und führte dann in einen kleineren Wanderpfad. Dort drehten wir um. Auf dem großen Grillplatz fanden wir noch einen Stein, auf dem eine Tafel angebracht worden war. Man konnte leider nichts mehr lesen, aber vermuten, dass hier früher die Aussicht in alle Richtungen beschrieben wurde. Das war vermutlich bevor alles zugewachsen war - sehr schade. Inzwischen begann es schon zu tröpfeln und wir schauten, dass wir zurück kamen.
Zurück am Bulli wollten wir direkt gen französische Grenze starten, doch wir kamen nicht weit. Christoph sah beim Losfahren nicht, dass er direkt in ein Schlammloch auf der Wiese fuhr. Natürlich blieben wir darin mit unseren Vorderreifen stecken und die Reifen drehten mal wieder durch. Passend dazu regnete es inzwischen stärker. Auch vor und zurück schaukeln half nicht. Wieder einmal mussten Matten, Keile und letztendlich die Motorradrampe her, um aus dem Loch herauszukommen. Dennoch keine Chance - wir steckten mal wieder fest. Der Hänger musste mal wieder abgehängt werden damit wir leichter werden würden. Noch während Christoph dabei war dies zu tun, kam ein Mann mit Regencape angelaufen und fragte einfach nur "Brauchste Hilfe?" Dankend nahmen wir an und so half der Deutsche den Hänger abzuhängen. Ohne diesen schafften wir es zum Glück aus dem Loch heraus. Unser Bulli hatte danach ein hübsches neues braunes Muster. Um den Hänger aus dem Schlamm herauszuziehen, mussten wir ihn um 45 Grad drehen und mit einem Spanngurt am Bulli herausziehen. Der Mann, der übrigens Sebastian hieß, 43 Jahre alt war und aus Hamburg kam, half Christoph dabei und so konnte Marilyn bei Benji bleiben, der das Ganze wahrscheinlich wieder etwas verstörend fand. Die Aktion klappte sehr gut und nach kurzer Zeit stand unser Hänger ebenfalls wieder auf dem Schotterteil des Platzes. Auch der Regen verzog sich - wie passend. Zum Dank schenkte Christoph dem Hamburger vier Bier. Das freute ihn sehr und während wir uns danach unterhielten trank er direkt zwei davon.
Wir erfuhren dabei einiges was uns ins Staunen brachte. Der ehemalige Koch war bereits seit 20 Jahren zu Fuß durch Europa unterwegs. Er hatte bis auf Belgien schon alle Länder Europas bereist - davon fünf Jahre sogar barfuß! Aktuell kam er von Frankreich, wo er vier Monate lang unterwegs gewesen war. Meist lief er auf dem Jakobsweg, diesen er nun auch in Spanien fortsetzen wollte. Sein nächstes Ziel war Donostia San Sebastian. Da er kein Handy mehr hatte (es wurde ihm erst vor Kurzem in Frankreich geklaut), fragte er uns, ob dies schon Spanien sei. Der Straßenmusiker und Kunsthandwerker hatte nur einen Rucksack, ein paar Taschen und ein Zelt mit dabei und schien fast immer im Freien zu schlafen. Vor 10 Jahren hatte er beim Arzt Lungenkrebs diagnostiziert bekommen und sollte laut den Ärzten schon lange nicht mehr leben. Da er keine Chemotherapie machen wollte und eher auf pflanzliche Heilmittel setzte, hatte er die Krankheit einfach ausgesessen - mit dem Ergebnis, dass er immer noch lebte und nur ab und zu Anzeichen seiner Krankheit spürte. Ein scheinbar glücklicher Mensch, der unter den einfachsten Verhältnissen lebte. Das merkte man auch an seiner direkten, freundlichen Art und daran, dass er mitten im Gespräch auf einmal zu singen begann. Erst auf spanisch und dann auf deutsch. Faszinierenderweise sprach er auch noch mehrere Sprachen, so wie er uns danach mitteilte. Obwohl er kein Handy mehr hatte und schon lange nicht mehr in Deutschland unterwegs war, schien er top darüber informiert zu sein, was in Deutschland gerade Sache ist. Durch sein kleines Taschenradio hielt er sich uptodate. Mit Benji ging er auch toll um. Wir lernten von ihm wie man mit unserem Kleinen spielen konnte. Sebastian ging wie ein Krebs in die Hocke und bewegte sich hin und her. Das brachte Benji dazu ebenfalls in Spielpose zu gehen und mit ihm herumzuspringen. Als Christoph das nachmachte, klappte es ebenfalls. Der Wanderer, wie wir ihn seit dem nennen, hatte selbst schon mehrere Straßenhunde auf seiner Reise mitgenommen. Sein letzter Hund wurde ihm gestohlen und er hatte den Verlust scheinbar immer noch nicht verkraftet. Beim Abschied teilte er uns noch seine Freude darüber mit, dass er endlich wieder deutsch mit jemandem sprechen konnte. Es hatte ihm gefehlt. Wir kamen später los als erwartet, aber diese Begegnung war es wert gewesen. Das Schicksal und der Lebensweg des Mannes, hatte uns irgendwie berührt und nachdenklich gestimmt.
Etwas verspätet brachen wir endlich nach Frankreich auf und unterhielten uns dabei noch länger über den Wanderer Sebastian, der nach San Sebastian unterwegs war.
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