40 Meter unter dem Meer

Veröffentlicht am 20. Juli 2024 um 02:02

Auf dem großen Gelände des Eurotunnels angekommen, parkten wir zunächst bei der Pet Reception. Dort mussten wir einmal kurz mit Benji in ein kleines Gebäude gehen. Sein europäischer Pass wurde dort auf alle notwendigen Untersuchungen und Impfungen gecheckt, sowie sein Chip mit einem Handscanner abgescannt und abgeglichen. Schon war Benji eingecheckt. Das war richtig schnell gegangen, ganz ohne warten oder Stress für den Kleinen. Weiter fuhren wir zum Personen Check-In. Dazu passierten wir mit dem Auto ein Häuschen (ähnlich einer Mautstelle) und zeigten unsere Reisepässe vor. Danach kam noch eine kurze Kontrolle unseres Vans und Hängers. Die Beamten warfen einen Blick in beides hinein und ließen uns dann passieren. Zuletzt mussten wir uns am richtigen Terminal in eine Warteschlange anstellen.


Das ging alles so schnell, dass wir immer noch fast eine Stunde vor Abfahrt unseres Zuges dort standen. Vor uns stieg eine Familie aus ihrem Auto aus und wir fragten sie, ob sie wüssten, wann "geboardet" wurde. Sie waren schon öfter in England und meinten das könne durchaus noch dauern. Erst kurz vor der Abfahrtszeit begann das Boarding normalerweise. Also stiegen wir mit Benji nochmal aus und ließen ihn noch ein wenig schnüffeln und auf den kleinen Grünstreifen, der zum Glück vorhanden war, sein Geschäft verrichten. Die deutsche Familie war auf dem Weg nach Stonehenge. Dort sollte an der Sommersonnenwende ein großes Fest stattfinden. Des Weiteren empfahlen sie uns noch Cornwall und Hull (einmal im Südwesten und einmal im Nordosten) - zwei Regionen in England die sehr schön sein sollen.
Dann ging es endlich los - wir waren etwas aufgeregt vor dem was kommen würde. Mehrere Lotsen winkten uns den Weg, den wir fahren sollten, um in den richtigen Autozug zu gelangen. Der metallene hellerleuchtete Zug war tatsächlich sehr hoch und sogar höhere Fahrzeuge als unser Gespann passten hinein, u.a. ein LKW, der zwei Autos hinter uns fuhr. Wir folgten den vorderen Autos, bis es nicht mehr weiter ging. Direkt vor einem Rolltor, das gerade oben war, sollten wir laut einer Schaffnerin (wie im normalen Zug) anhalten. Sie platzierte noch Keile hinter den Reifen jedes Autos. Dann schloss sich das Rolltor vor uns automatisch. Durch Türen auf der linken und rechten Seite, konnte man als Fußgänger während der Fahrt bei Bedarf einer Toilette sogar passieren. Es folgte noch eine kurze Ansage mit Sicherheitshinweisen und schon ging es los. Durch ein kleines Fenster im Zug konnten wir zunächst noch die Landschaft an uns vorbeirauschen sehen. Das Licht im Zug blieb auch durchgängig eingeschaltet. Kurz darauf war draußen alles dunkel - wir fuhren in den 50 km langen Tunnel ein. Dieser ist der längste Unterwassertunnel der Welt und führt im Durchschnitt 40 m unter dem Meeresboden entlang. An der tiefsten Stelle sogar bis zu 75 m. Wir merkten leicht den Druckunterschied und kauten Kaugummi für den Druckausgleich. Benji bekam einen Kauknochen und etwas Trockenfutter, in der Hoffnung es würde ihm auch helfen. Der Zug machte quietschende Geräusche und es ruckelte zeitweise etwas stärker. Benji schien das etwas zu verunsichern, doch er blieb ganz ruhig zwischen uns auf den Vordersitzen, liegen. Die 30-minütige Fahrt ging gefühlt sehr schnell vorbei. Sogar im Internet surfen konnte man während der gesamten Fahrt.  

Als wir wieder nach oben fuhren, sahen wir leider nichts mehr durch die Zugfenster, denn es war inzwischen dunkel geworden. Das Rolltor öffnete sich kurz darauf und wir folgten den anderen Autos, dieses Mal auf der anderen Seite, aus dem Zug heraus. Die Ausfahrt aus dem Tunnelgelände in Folkstone, führte geradewegs auf die Autobahn. So wurde man volle Kanne in den Linksverkehr geworfen, ganz ohne Eingewöhnungsphase. Etwas chaotisch startete so unsere erste Erfahrung damit, da wir erstmal verpeilten die Spur zu wechseln (auf der Autobahn fährt man ja ganz links als langsames Gefährt) und einen Huper kassierten. Wir hielten auf einem nur 10 min. entfernten Parkplatz an der Straße. Leider relativ befahren und auch nachts noch laut, aber die beste Option für einen zügigen Halt und Schlafplatz. Es war schließlich schon 23:30 Uhr. Einige Insassen der anderen Autos, schienen hier ebenfalls zu nächtigen. Vermutlich war es ein beliebter Platz vor oder nach dem Eurotunnel für die Nacht. Noch eine kurze Gassirunde mit Benji (der Weg hinter dem Parkplatz mündete zu unserer Freude in einen kleinen Wald) und dann fielen wir müde ins Bett. 

Am nächsten Morgen sahen wir dann erstmals wo wir gelandet waren - eine hübsche kleine Aussicht auf die Landschaft Englands eröffnete sich vor unserem Bulli.

Nach dem Frühstück gingen wir nochmal weiter in den Wald hinein und danach die ausgeschilderte Wanderroute entlang. Nach dem Waldstück überquerten wir eine Straße und standen auf einem Weg am Rande eines Bohnenfeldes. Wir folgten dem Weg und gelangten an ein Viehtor. Nach dem Durchqueren standen wir auf einer großen Wiese, auf der Rinder leben sollten laut dem Schild am Eingang. Wir sahen nur keine. Lediglich riesige Kuhfladen fanden wir vor. Benji blieb erstmal an der Leine. Sein letztes Ausbüchsen am Kiesstrand in der Somme in Frankreich, lag uns noch im Magen und zudem wollten wir nicht riskieren, dass er wieder neues Parfüm auflegte. Nach der Rinderwiese durchquerten wir eine hübsche Talsenke inmitten grüner Hügel. Es war ziemlich heiß und sonnig und so drehten wir nach einer kurzen Pause im Schatten wieder um. Die gesamte Runde wollten wir mit Rücksicht auf Benji dann doch nicht laufen bei dem heißen Wetter. Als wir die Rinderwiese wieder überquert und durch das Tor geschlüpft waren, ließen wir Benji nochmal springen. Ein neuer Versuch. Mit Freude flitzte er los - natürlich mitten in das Bohnenfeld. Flugs war er verschwunden. Marilyn machte sich etwas Sorgen, dass er den Ausgang nicht wieder finden würde, denn er sah ja nichts außer Bohnen. Wir sahen  nur gelegentlich einen Teil der Sträucher wackeln, als der Kleine hindurchflitzte. Erst als wir weiter gingen kam er kurz darauf wieder herausgeschossen, um dann direkt wieder im Busch auf der anderen Seite zu verschwinden. Andere Spaziergänger kamen vorbei und erst dann kam er wieder zu uns. Dabei war er ziemlich außer Atem, legte sich erstmal hin und trank etwas. Zu diesem Zeitpunkt war uns noch nicht klar, dass wir ihn eigentlich erst wieder frei lassen dürften, sobald er den Rückruf beherrschte und einige Zeit an der Leine geblieben war, um zu lernen wer der Rudelführer ist. Wir handelten eher aus Mitleid, da der Kleine ziemlich viele Reisestrapazen mit uns mitmachen musste und wollten ihn durch das Freispringen belohnen. 

Dennoch - wir waren gut in England angekommen und können jedem der mit Tieren reist, den Eurotunnel wärmstens empfehlen. Es ist absolut der geringste Stress, dem man seinem Tier aussetzen kann, im Gegensatz zur Fähre oder zum Flugzeug. Wir haben mit zwei Personen, einem Hund, einem Campervan mit 5 m Länge, 2,2 m Höhe und einem Anhänger mit 4,5 m Länge, 2,4 m Höhe, für ein rückerstattungsfähiges Ticket 377 € bezahlt. Man muss dazu sagen, dass wir den Tunnel auch erst drei Wochen zuvor gebucht hatten. Bei noch früherer Buchung wären wir sogar unter 300 € geblieben. Wen die 40 Meter unter dem Meer etwas ängstigen, beruhigt es vielleicht, dass es diesen Tunnel bereits seit 1994 gibt und jedes Jahr 7 Millionen Passagiere durch diesen reisen.


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.