Nach unserem Besuch im botanischen Garten, kam direkt auf unserer Fahrt durch die englischen Buschtunnel der nächste Schreckmoment - ein Auto kam uns in einer engen, uneinsichtigen Kurve entgegen. Wir und auch das andere Auto konnten gerade noch so bremsen. Das war knapp gewesen, wäre nur einer von uns etwas schneller gefahren, hätte es geknallt. Kaum hatten wir uns von dem Schock etwas erholt kam auf einmal ein Bagger um eine der nächsten Kurven geschossen. Er nahm mit seiner Größe die ganze Straße ein und kam bedrohlich kurz vor uns zum Stehen. Auch er fuhr netterweise direkt rückwärts in die Gasse hinein, aus der er herausgekommen war. So langsam hatten wir die Nase voll von den engen Buschstraßen. Wenn wir auf dieser Reise einen Unfall bauen würden, dann in England.
Unser nächstes Ziel war der Campingplatz Trezas Campsite. Von dort aus wollten wir zu den Zielen im Süden starten und den Hänger auf dem Platz stehen lassen. Ohne Hänger fuhren sich diese unmöglichen Straßen deutlich entspannter. Zudem bekamen wir so langsam eine Müllentsorgungsnot. Unser Hänger glich inzwischen fast schon einer Müllhalde, da wir schon ein paar Tage sammeln mussten. Vom Füllstand unserer Toilette ganz zu schweigen. Wenn wir mal eine große Tonne sahen, war diese Privatbesitz und zudem abgeschlossen. Als wir an einer Tankstelle fragten, ob wir unseren Müll in deren großen Tonne entsorgen durften, wurde dies abgelehnt. In Ortschaften fand man einige kleine Mülltonnen, deren Öffnung aber so klein waren, dass wir unseren Müll nicht hinein bekamen. Unseren Recherchen nach zu Folge, war es scheinbar Wunsch der Engländer, dass Camper regelmäßig Campingplätze besuchten und ihren Müll dort entsorgten. Das spürten wir langsam immer mehr. Deshalb war es ebenfalls an der Zeit einen Campingplatz aufzusuchen.
Die Besitzerin des Platzes war eine ältere Dame namens Wendy und empfing uns total freundlich. Sie zeigte uns ein Feld nebenan, auf dem Benji frei springen durfte und verabschiedete uns mit "make yourself a home". Mit ihrem Geländebuggy fuhr sie samt ihres kleinen Hundes davon, was sie gleich noch sympathischer machte. Wir suchten uns einen hübschen Platz etwas weiter oben am Berg aus, von dem aus wir eine tolle Aussicht über Cornwall hatten. Das Wetter war ebenfalls super und so konnten wir endlich mal wieder draußen sitzen beim Abendessen. Das Feld nebenan nutzten wir um unser Rückruftraining mit Benji fortzuführen. Frei springen ließen wir ihn weiterhin erstmal nicht.
Am nächsten Morgen hatten wir erstmals Regen in England. Ein typischer feiner Landregen fiel auf uns herunter und ein ekliger kalter Wind wehte uns um die Nase. Dennoch ließen wir uns nicht davon abhalten zum Lizard Point zu fahren - dem südlichsten Punkt Englands. Den Hänger ließen wir auf dem Campingplatz stehen und tatsächlich kamen wir auf der Fahrt in eine Situation, in der wir mit Hänger nicht am Gegenverkehr vorbeigekommen wären. Der Campingplatz hatte sich alleine deshalb schon gelohnt. Auf dem Weg hielten wir noch in einem Tierladen an, um Benji ein neues Geschirr zu kaufen. Sein Altes hatte er zerrissen, als er auf dem letzten Campingplatz in England, angeleint zu wild mit uns gespielt hatte. Die Dame im Tiergeschäft gab sich größte Mühe und beriet uns super gut. Das neue Geschirr machte einen deutlich stabileren und qualitativ hochwertigeren Eindruck.
Auf einer großen Wiese konnte man, am Ziel angekommen, auf Vertraulichkeitsbasis (man wirft 3 Pfund in eine Box) parken. Das war mal ein tolles Konzept und natürlich bezahlten wir in diesem Fall gerne. Nach ein paar 100 Meter laufen, erreichten wir den südlichsten Zipfel. Auf der Klippe stand ein Kaffee, ein Souvenirladen und ein Tierbeobachtungshäuschen. Dort wurde täglich notiert, welche Tiere von dem Aussichtspunkt auf der Klippe, schon gesichtet wurden. Tatsächlich konnte man unten im Meer Robben beobachten, die dort badeten. Wale und Delfine sollte man auch manchmal sehen können, doch ohne Fernglas, das wir immer noch nicht gekauft hatten, machte das keinen Sinn. Wir starteten von diesem Punkt aus eine Küstenwanderung zur Kynance Cove. Der Weg ging 3,3 km an der Küste entlang. Der Wanderweg war malerisch schön und erinnerte etwas an den Fischerpfad in Portugal, nur dass die Wege nicht sandig und die Klippen schroffer und grüner waren. Auch unsere Hottentottenfeige entdeckten wir wieder, sowie abgesperrte Bereiche am Rand, da die Klippen absturzgefährdet waren. Der Weg führte uns mal rauf und mal runter, z.T. über Treppenstufen, sowie über kleine Bachläufe hinweg. Inzwischen hatte der Regen aufgehört und später kam sogar die Sonne etwas heraus. Der Wind allerdings war stark und blieb ständiger Begleiter. Die Kynance Cove ist eine hübsche Bucht, zu der ein Strand und ein Restaurant gehört. Am Aussichtspunkt über der Cove angekommen machten wir ein paar Bilder und kehrten direkt wieder um. Der Wind lud nicht zum Verweilen ein. Nach drei Stunden und 7,3 km Gesamtstrecke mit einigen Höhenmetern, kamen wir wieder am Bulli an.
Nach einer weiteren Nacht auf dem Campingplatz, dessen Luxus wir gerade zu schätzen wussten (bei Regen duschte es sich besser mit heißer Dusche in einem Gebäude, als im Duschzelt draußen, Wasser gab es auch zur Genüge und unseren Müll konnten wir jederzeit entsorgen), ging unser nächster Tagesausflug nach St Michael's Mount. Die vorgelagerte Insel ist das Pendant zur Insel Mont-Saint-Michel in Frankreich und liegt sogar fast gegenüber. Da wir damals aus Zeitgründen nicht die Chance hatten die Insel in Frankreich zu besuchen, wollten wir das jetzt auf der englischen Version davon nachholen. Bei Ebbe konnte man, genau wie bei der französischen Insel, rüber laufen und alternativ mit einem Bootstaxi rüber fahren. Dieses nahm allerdings keine Hunde mit. Als wir nach dem Parken die ersten Schilder am Strand anschauten, wurden wir jedoch enttäuscht. Auf dieser Insel waren Hunde während der Sommermonate verboten. Beim französischen Pendant war dies nicht der Fall gewesen. Enttäuscht wollten wir zum Strand hinunter gehen, um wenigstens Bilder von der Insel zu machen. Doch auch dort stand ein Hundeverbotsschild. Etwas genervt gingen wir im Ort entlang zu der Stelle, an der normalerweise der Steg zur Insel führt. Tatsächlich hatten wir gerade Flut und der Steg war überflutet. Wir hätten demnach gar nicht drüber laufen können. Das dämpfte die Enttäuschung etwas und lehrte uns das nächste Mal besser zu recherchieren wann Ebbe und wann Flut war. In diesem Fall hätte es uns eh nichts gebracht. Die 1,80 Pfund für's Parken hatten wir leider umsonst investiert.
Deshalb schnell weiter zum nächsten Ziel - Lands End. Auf dem Weg dorthin knackten wir sie - die ersten 10.000 Kilometer unserer Reise waren geschafft und wir hoffen, dass wir die nächsten 10.000 mit weniger Werkstattaufenthalten schaffen würden.
Auch auf dem Parkplatz von Lands End kostete das Parken etwas und lediglich die ersten 20 Minuten waren umsonst. Da der Parkautomat unsere Visakarte nicht akzeptieren wollte und wir kein Münzgeld mehr hatten, beschlossen wir erstmal nichts zu zahlen. Das Wetter war auch wieder durchwachsen und wir wussten nicht, wie lange wir bleiben wollten. Man betrat Lands End durch ein Tor und befand sich dahinter in einem Bereich, der an einen Erlebnispark erinnerte - Kiosks, Kaffees, ein Kino und sonstige Geschäfte zogen sich im Viereck um ein paar Bänke und Tische herum. Am anderen Ende stand man dann am Ende der Klippe - dem Lands End. Der Name kommt daher, dass man früher der Ansicht war, hier ende die Welt. Richtung Amerika kam erstmal lang lang nichts außer Ozean. Ähnlich war es am Cap Fisterra in Spanien gewesen. Man erkannte immer mehr Parallelen zwischen den einzelnen Ländern - alle so gleich und doch verschieden.
Auf der Klippe stand ein kleines Häuschen mit einem Schild daneben. Es handelte sich dabei um einen Fotospot, aus dem man Profit zog. Legte man 10 € hin, konnte man seinen Namen und ein Datum auf das Schild drucken lassen, um dann auf einem Foto daneben vor der Aussicht zu posieren. Total Abzocke in unseren Augen.
Dahinter stand noch das "Last House", das auch ein Kaffee war und danach konnte man nur noch an der Klippe entlangwandern. Das Wetter lud nicht wirklich dazu ein und deshalb machten wir nur unsere obligatorischen Fotos und schafften es sogar innerhalb der 20 Minuten wieder am Auto zu sein.
Zurück am Campingplatz beschlossen wir, da es schon spät war, noch eine Nacht dranzuhängen. Unser Budget hatten wir seit wir in England waren, eh schon gerissen. Die Nacht wurde schließlich sehr windig und unangenehm, da unser Bulli heftig durchgeschüttelt wurde. Dazu kam noch, dass ein Traktor, die ganze Nacht frisch gemähtes Gras auf dem Feld neben uns hin und her fuhr. Demnach wurde es zu einer schlaflosen Nacht.
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Hallo ihr zwei. Ich bin immer begeistert von den vielen Details in den Berichten über die Örtlichkeiten. Daraus könnte ein Buch werden.
Gruß Papa