Zu Fuß durch den Eisenbahntunnel

Veröffentlicht am 22. August 2024 um 00:16

Es gibt sechs Greenways in Irland und alle sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad passierbar.  Zum Teil befinden sich diese langen Wege an der Küste und zum Teil im Inland in der Natur. Unser erster Greenway war der Waterford Greenway, der von Waterford nach Dungarvan, entlang einer alten Eisenbahnlinie führt und insgesamt 46 km lang ist. Da wir sowieso schon am Parkplatz davor übernachtet hatten, gingen wir am Tag darauf unseren Gassigang ein Stück weit auf dem Greenway entlang. Mit dem Rad konnten wir dort nicht fahren, denn Hunde durften nur an der Leine mitkommen und das war noch schwierig mit Benji. So gingen wir bei 18 Grad, die sich in der Sonne richtig heiß anfühlten, nur spazieren. Beim Loslaufen merkten wir, dass Benji leicht humpelte. Wir untersuchten seine Pfote, konnten aber nichts finden. Er schien auch losgehen zu wollen und so beschlossen wir es zu versuchen. An einigen Stellen des Weges hingen bunt gestaltete Schilder, auf denen Infos zu Baumarten aller Welt beschrieben waren. Nach wenigen 100 Metern über den geteerten, zu beiden Seiten grünen Weg, erreichten wir den Ballyvoyle Tunnel. Der 400 Meter lange ehemalige Eisenbahntunnel war ein kleines Highlight des Weges.

Kurz bevor wir ihn betraten, wurde es kühler und man sah unseren Atem. Durch die Länge war es auch sehr dunkel und so erleuchteten mehrere Lichter, die in kleinen Nischen angebracht worden waren, den Tunnel ein klein wenig. In den Nischen hingen neben moosigen Stellen teilweise sogar Spinnweben. Die meisten Radfahrer riefen freudig etwas, um ihr Echo zu hören, als sie hindurch fuhren. Das erschreckte den armen Benji, der in dem langen Tunnel sowieso schon etwas angespannt war, leider immer wieder. Nach dieser spannenden Passage kamen wir im Feenland heraus. An den Bäumen und den Erdwänden des Weges, hingen überall kleine Feenhäuschen aus Holz, die von Kindern gebaut und aufgehängt wurden. Scheinbar war dies hier ein kleines Ritual. Nach dem Waldstück überquerten wir eine hohe Brücke (das Ballyvoyle Viadukt), von der aus wir in der Ferne einige schwarz-weiße Kühe sehen konnten. Dahinter trafen wir drei ältere Iren, die uns auf Benji ansprachen und uns nach unserer Reise fragten. Wir stellten immer öfter fest, dass die Iren nochmal offener und freundlicher waren als die Engländer. Nach 3,2 km erreichten wir einen Aussichtspunkt, von dem aus man einen langen Strand sehen konnte. Dort drehten wir wieder um, um Benjis Pfote nicht zu sehr zu belasten. Wir vermuteten, dass er sich an den Tagen zuvor, als wir am Strand waren, beim Abrutschen von den glitschigen Felsen, am Fuß verletzt hatte. Inzwischen lief er zeitweise total normal und humpelte nur noch ab und zu. Ob er den Schmerz nur verdrängte? Wir mussten das weiter beobachten.

Danach ging es weiter nach Midleton. Ein Ort in dem sich eine große Whiskey Destillerie befand. Zufällig fuhren wir auf einen Stellplatz direkt daneben und wussten zu dem Zeitpunkt noch gar nichts von der Destillerie. Im Park daneben gingen wir mit Benji spazieren. So langsam liefen wir in ein kleines Müllproblem. In Irland gab es kaum öffentliche Mülleimer. Nicht mal an Picknickplätzen oder Rastplätzen fand man welche. Laut Internetrecherchen, hat Irland ein Müllentsorgungsproblem, an dem dieser Umstand vermutlich liegt. Manchmal gab es nur in kleinen Orten die Möglichkeit, den Müll in Tonnen mit winziger Öffnung zu entsorgen. Da passte unser Müll meistens überhaupt nicht rein (ganz zu schweigen von unserer Katzenstreutoilette). Das zog sich inzwischen durch ganz Irland so durch. Kein Wunder, dass unser Hänger einer Mülldeponie glich, denn dort sammelten wir unsere Mülltüten. Auf dem Parkplatz in Midleton befand sich sogar eine Camper Ver- & Entsorgungsstation – allerdings nur für die Chemietoilette und für das Abwasser. Es standen sonst nur Altkleider-, sowie Glascontainer dort. Wir fragten einen älteren Schweizer Camper, der zusammen mit uns Wasser zapfte, wo man in der Nähe am besten seinen Müll entsorgen könnte. Der Mann erklärte uns, dass es in Irland normal sei, dass das Thema Müllentsorgung schwierig wäre und sogar einige Campingplätze eine extra Gebühr verlangten. Er würde in der Nacht seinen Müll einfach in den großen Container gegenüber werfen. Dieser sei zwar privat (vermutlich von einer Firma), aber das scherrte ihn nicht. Wir dachten auch kurz über diese Möglichkeit nach, trauten uns aber noch nicht so recht. Stattdessen versuchten wir unsere Mülltüten auseinander zu nehmen und im Park nebenan, in die kleinen Öffnungen der Minimülleimer zu quetschen. Das gelang zumindest mit dem normalen Müll ein Stück weit – es blieb aber immer noch unsere Toilette…

Am nächsten Morgen klopfte es um 07:00 Uhr in der Früh plötzlich an die Tür. Verschlafen öffnete Marilyn und sah sich einer älteren Frau gegenüber. Die Dame fragte nach WD40, um ihr Kofferraumschloss einzufetten, da dieses klemmte. Noch während Marilyn es heraussuchte und dafür den halben Bulli auseinandernahm, klopfte es nochmal und die Frau erklärte, sie hätte es so geschafft. So waren wir leider völlig umsonst geweckt worden. Ein tolles Brot vom Bäcker nebenan, das wir etwas später kauften, entschädigte uns aber dafür. Endlich hatten wir einmal ein gutes vollwertiges Roggenvollkornbrot gefunden, dass nicht nur nach Luft schmeckte, so wie die meisten Brote in England und Irland bisher. Bevor wir weiterzogen, beschlossen wir einfach das Risiko einzugehen. Christoph hatte beim Gang zum Bäcker noch einen etwas versteckteren Mülleimer, der vermutlich zu einem Geschäft daneben gehörte, in einer ruhigen Gasse entdeckt und stellte sich mit dem gesamten Gespann einfach frech mit Warnblinker vor den Eingang. Dann spazierte er mit dem Müllsack, der unsere Katzenklotoilette enthielt, ganz cool zum Mülleimer und entsorgte diese. Keiner bekam es mit und schnell schauten wir, dass es so blieb und fuhren weiter. Drastische Umstände führen eben zu drastischen Maßnahmen. Schließlich wollten wir es nicht wie andere Camper machen und den Müll einfach an Rastplätzen oder Parkbuchten abstellen. Das sah man leider häufiger hier. Kein Wunder, dass überall „No Dumping“ Schilder angebracht wurden.


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