Das höchste Dorf Schottlands

Veröffentlicht am 29. Oktober 2024 um 20:40

Am nächsten Morgen wachten wir auf, als die zwei Männer neben uns versuchten auszuparken. Tatsächlich trauten wir ihnen das unfallfreie um uns herumfahren nicht zu und deshalb ging Christoph lieber heraus und unterstützte. Wir wollten ja keinen weiteren Schaden am Bulli riskieren. Das Ausparken gelang und die beiden brausten mit heulendem Motor davon.
Bei einem weiteren kleinen Spaziergang im "An Torr", trafen wir eine Deutsche, die ebenfalls ihren Hund ausführte. Über die Hunde kamen wir ins Gespräch und erfuhren, dass Steffi bereits einige Jahre mit ihrem Mann in Schottland lebt. Sie gab uns ein paar nützliche Tipps für unsere weitere Schottland- und Englandreise. So schwärmte sie auch in den höchsten Tönen vom Lake Distrikt, der direkt hinter der schottisch-englischen Grenze liegt. Wir nahmen uns fest vor dort bei unserer Fahrt zurück in den Süden, vorbeizufahren. 

Als wir Glencoe wieder gen Süden verließen, wurde der Sonnenschein immer mehr von tristem bewölktem Wetter abgelöst. Wir steuerten Loch Lomond an, den See an dem wir in unserer vierten Nacht in Schottland bereits gestanden hatten. Mal wieder war uns Sonnenschein an diesem Ort verwehrt. Dafür entdeckten wir dieses Mal beim Spazierengehen den kleinen Steinstrand am See mit Kajakverleih, einen hübschen Park direkt daneben und eine kleine Einkaufsmeile am Wasser entlang. Sogar ein kleiner Rummel war davor aufgebaut worden. In einem Schuhgeschäft kaufte sich Marilyn ein paar neue Wanderschuhe, da die alten schon sehr über ihrer Zeit waren. Benji blieb relativ cool trotz des regen Trubels und durfte sogar mit ins Schuhgeschäft hinein. Dort wartete er mehr oder weniger geduldig bis wir fertig waren. Am Ende ging es durch den Park, der zu Benjis Freude voller Eichhörnchen und Hasen war, wieder zurück zum Bulli.

Am Abend ging uns beim Kochen einer Spaghetti Bolognese doch tatsächlich unerwarteter Weise das Gas aus. Die letzte Gasflasche, die wir in Irland erstanden hatten, hatte 0,5 kg weniger Füllmenge und da Danea nun bereits seit fast fünf Wochen mit uns reiste, brauchten wir auch mehr Gas. Deshalb hielt uns diese Flasche keine 2,5 Monate wie sonst, sondern nur knappe zwei.  Die Bolognese Sauce war gerade so fertig geworden, doch die Nudeln fehlten noch. Kurzerhand klopfte Marilyn bei einem der benachbarten Camper (dieses Mal waren außer uns glücklicherweise noch vier weitere Camper da) und fragte freundlich ob sie kurz dessen Gasherd benutzten dürfte. Eine nette blonde Frau in unserem Alter öffnete ihr und bat ihr an hereinzukommen. Die Engländerin aus Exeter lebte meistens in ihrem Camper und arbeitete auf Reisen mobil. Die zwei unterhielten sich ein wenig, während Marilyn selbst ihre Nudeln kochen durfte. Wir erfuhren zudem, dass die Frau eine Reifenpanne hatte und noch auf den Ersatzreifen wartete, der am Folgetag montiert werden würde. Wir boten ihr unsere Hilfe an, jedoch lehnte sie dankend ab. Dankbar, dass wir solch ein einfaches Gericht für den Abend vorgesehen hatten, sowie dass es hier nette, hilfsbereite Menschen gab, aßen wir dann doch noch unsere Spaghetti Bolognese. 

Am nächsten Tag zogen wir noch vor dem Frühstück los, denn auf unseren Kaffee und ein Frühstücksei wollten wir nicht verzichten. Unser Ziel war das nicht weit entfernte Glasgow, in dem wir neues Gas kaufen wollten. Dieses Mal war die Beschaffung auch kein solches Drama wie in Irland (siehe Link) und bei einem großen Calor Gasdepot fanden wir die selbe Flasche, wie unsere aktuelle Flasche aus Irland. Calor Gas gibt es zum Glück in der ganzen UK.

Den Stadtbesuch hatten wir erst in ein paar Tagen vorgesehen, da Danea von Glasgow aus abfliegen würde und so zogen wir mit neuem Gas im Gepäck erstmal weiter nach Wanlockhead, im Süden Glasgows in den Lowther Hills gelegen. Uns zog das neue Hobby Christoph's und Danea's dorthin - Goldschürfen. Der kleine Ort ist mit 467 Meter über dem Meeresspiegel der höchste Schottlands und im Winter auch ein beliebtes Skigebiet.

Bei unserer Ankunft war alles neblig und verlassen. Der Ort glich fast schon einer Geisterstadt. Wir parkten am Museum of Lead Mining, mitten im Ort. Leider stellten wir dabei fest, dass dieses geschlossen hatte. Internetrecherchen zufolge sollte es seit Anfang September nur noch Mittwoch bis Sonntag geöffnet haben und heute war Montag. Wir ärgerten uns ziemlich darüber nun umsonst hergefahren zu sein und frühstückten erstmal im Bulli, mitten auf dem Museumsparkplatz. 

Nach dem Frühstück ging es uns schon besser und wir waren motivierter weiter zu recherchieren wo man noch so goldschürfen konnte und die Gegend etwas zu erkunden. Direkt um die Ecke konnte man klasse über viele kleine Holzbrückchen direkt an einem Fluss entlang, spazieren gehen. Das nutzte Marilyn für einen kleinen Gassigang. Scheinbar gab es hier allerhand zu schnüffeln, denn Benji war richtig aufgedreht dabei. 

Noch während Marilyn das tat, kam ein älterer Mann vorbei und leerte die Mülltonnen vorm Museum. Christoph sprach ihn auf die Öffnungszeiten und unser Anliegen an. Tatsächlich bot der Mann uns an am Folgetag wieder zu kommen und einfach ab 11 Uhr an das Teehaus nebenan zu klopfen. Das Museum sei zwar geschlossen, jedoch wäre dort jemand da, der uns die Lizenz ausstellen und Equipment ausleihen könnte. Total glücklich über diese guten Aussichten machten wir uns noch zu einer kleinen Wanderung direkt um die Ecke auf, da es wenig Sinn machte jetzt nochmal woanders hinzufahren.

Der fünf Kilometer lange Heritage Trail entführte uns zurück ins 18. Jahrhundert, wo in diesem Gebiet noch aktiv Bergbau betrieben wurde. Blei- Silber, Zink und Gold wurden damals hier abgebaut. Auf dem Rundweg passierte man ehemalige Minen, eine Dampfmaschine, eine Mühle, einen alten Brennofen, ehemalige Arbeiterhäuser uvm. Einen der Stollen kann man mit vorab gebuchter Führung im Museum, sogar heute noch besuchen. Wir standen allerdings vor verschlossener Türe. Der Nebel blieb uns auch auf dieser Runde erhalten und weiterhin trafen wir keine Menschenseele. Der historische Trail, der eine beeindruckende Kombination aus Natur und Geschichte bietet, führte durch ein Tal entlang und so befand man sich die ganze Zeit inmitten grüner Hügel und einiger freilebender Schafe. Etwas gruselig war jedoch der Totenschädel eines Schafs, den wir neben einer Mine, direkt auf dem Weg, liegen sahen. Nach zwei Stunden waren wir durch und beschlossen auf dem großen leeren Overflow Parkplatz des Museums, der um die Ecke lag, zu nächtigen. Auch dort waren wir alleine und blieben es die Nacht über auch. Die hohe Lage des Ortes spürten wir deutlich, denn es wurde kalt in der Nacht, der Nebel wurde noch dichter und Danea fror bei null Grad Celcius in ihrem Dachzelt verständlicherweise auch etwas. 

Ein seltsames Dorf war dieses Wanlockhead, in dem wir an diesem Tag insgesamt nur einem einzigen Menschen begegnet waren. Wir waren sehr gespannt auf das Goldschürfen am Folgetag. 


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